Die Rosen des Laurin by Elisabeth Häntschel

Die Rosen des Laurin by Elisabeth Häntschel

Autor:Elisabeth Häntschel [Häntschel, Elisabeth]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim
veröffentlicht: 2015-09-14T16:00:00+00:00


Es war am letzten Julitag, einem Montag, als Franz ganz unverhofft am späten Nachmittag zu Anna auf die Alm kam. Er hatte seine Büchse bei sich und die Munitionstasche, außerdem hatte er das Bockshorn umhängen. Anna, Martl und der Hüterbub Xaver waren gerade beim Melken. Franz legte seinen Stutzen und die Tasche zur Seite, holte sich einen Hocker und half ihnen. Das Mädchen sah ihn erstaunt an.

»Ich bin unterwegs für den Hofer«, erklärte er ihr. »Es geht wieder los! In Nordtirol dringt der Feind bei jedem Pass herein. Der Lefebvre soll mit zwei Divisionen schon gestern in Innsbruck angekommen sein.«

Nachdem sie das Vieh aus dem Stall gelassen hatten, gingen sie in die Hütte, und Anna bereitete das einfache Nachtmahl.

»Im Tal unten ist der Teufel los«, berichtete Franz. »Am 12. Juli soll der Erzherzog Karl in Znaim mit Napoleon einen Waffenstillstand unterschrieben haben, nachdem er die Schlacht bei Wagram vom fünften und sechsten Juli verloren hat. Der vierte Artikel dieses Vertrages gewährt dem Franzosenkaiser die Räumung Tirols durch die österreichischen Truppen.«

»Und was sagt der Sandwirt zu diesem Waffenstillstand?«, fragte Martl.

»Er glaubt es nicht!«, entgegnete Franz. »Niemand glaubt es im Tal, zumal er uns noch von keiner österreichischen Seite bestätigt wurde. Ich habe dazu einen Aufruf vom Hofer zu verbreiten.«

»Aber was ist, wenn es doch wahr ist?«, fragte Anna.

»Es ist ganz gewiss nicht wahr!«, rief Franz. »Wenn es wahr wäre, dann hätte uns der Kaiser oder der Erzherzog Johann schon längst unterrichtet. Die Kommandanten um Hofer sagen, sie wollen sich nicht ergebungsvoll mit einem Waffenstillstand abfinden, der ihnen bis jetzt nur von feindlicher Seite verkündet wurde. Sie meinen, es könne nur eine List des Feindes sein, da der Kaiser sein Wort gegeben hat, die Tiroler nie mehr zu verlassen. Die Hauptleute sagen auch, selbst wenn dieser Waffenstillstand wahr wäre, so müsste doch der bestehende Zustand eingehalten werden. Also wohl Abzug der österreichischen Truppen aus Tirol, aber keine feindliche Besetzung des Landes. Wenn der Feind jedoch versuchen sollte, in das Land zu kommen, dann müssen wir uns wehren!«

Nach dem Essen verabschiedete sich Martl und ging zu seiner Hütte, die eine knappe Gehstunde unterhalb der Alm lag. Franz machte sich auch auf den Weg, und Anna ging mit ihm. Sie trug einige Milchsatten und Tröge mit sich, die sie drüben beim Wasser reinigen wollte. Dort, wo der kleine Quellbach in den Bergsee mündete, reinigte sie das Geschirr und beschwerte es mit einigen Steinen auf dem Grund.

Die letzten Wochen waren hochsommerlich heiß und trocken gewesen, und kaum ein Lüftchen regte sich. Die Kühle der hereinbrechenden Nacht war eine Erleichterung für Mensch und Vieh. Anna und Franz hielten sich an den Händen, und der Bursche zog sie zu der Hütte hin, in der die Ziegen und die Schafe untergebracht waren. Im hinteren Teil des jetzt leeren Stalles, der halbvoll mit Almheu war, setzten sie sich nieder.

»Ich muss heute noch ein Stück weit kommen«, sagte Franz, »der Mond ist zwar noch lange nicht halb voll, aber er leuchtet schon hell genug, dass ich sehen kann, wo ich hintrete.



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